Cooles IPO: Unilever bringt Magnum an die Börse

22.07.2025   Lesezeit: ca. 5 Minuten
 

Wenn draußen die Temperaturen steigen, schlägt die Stunde der Eiscreme – und für Unilever die der Investoren. Denn was für Verbraucher eine süße Erfrischung bedeutet, wird für den Konsumgüterriesen zum heißen Börsengeschäft. Inmitten der Hochsaison für Stieleis, Becherkreationen und Softeis-Klassiker nutzt Unilever die Aufmerksamkeit und startet einen spektakulären Schritt: Noch in diesem Jahr soll die traditionsreiche Eissparte des Unternehmens eigenständig an die Börse gehen.

Unter dem neuen Namen The Magnum Ice Cream Company (TMICC) will sich das Eisgeschäft von Unilever nicht nur auf der Zunge zergehen lassen – sondern künftig auch Anlegerherzen höherschlagen lassen. Mit im Gepäck: bekannte Marken wie Magnum, Cornetto, Langnese und Ben & Jerry’s, die künftig nicht nur aus der Truhe, sondern auch aus dem Aktiendepot Freude bringen sollen. Der geplante Börsengang verspricht nicht nur frischen Wind für das Eisregal, sondern auch neue Impulse für die Investmentwelt.

Zwei Frauen mit Sonnenbrille lachen glücklich und machen Kaugummiblasen
Zwei Frauen mit Sonnenbrille lachen glücklich und machen Kaugummiblasen

Schweizer essen am meisten Eis

Ob im Becher, in der Waffel oder am Stiel, Eis gehört für viele Menschen zum Sommer dazu. Eis erfrischt, macht gute Laune und ist bei Kindern ebenso beliebt wie bei Erwachsenen. In Deutschland liegt der jährliche Pro-Kopf-Verbrauch an Speiseeis bei 6,49 Kilogramm. Das klingt erst einmal viel, ist aber weniger als im europäischen Durchschnitt. Laut Statista liegt der Mittelwert in 20 ausgewählten Ländern bei 10,06 Kilogramm. In der Schweiz werden sogar mehr als 30 Kilogramm pro Person und Jahr verzehrt.1
Säulendiagramm mit blauen Säulen für die verschiedenen Länder mit Angabe zwischen 0 und 35 Kilogramm
Säulendiagramm mit blauen Säulen für die verschiedenen Länder mit Angabe zwischen 0 und 35 Kilogramm
Quelle: Statista Consumer Market Outlook

3 Facts:

  • Unilever plant, The Magnum Ice Cream Company im 4. Quartal 2025 als eigenständiges Eisunternehmen an die Börse zu bringen.
  • TMICC setzt auf eine Drei-Kugeln-Strategie: Omnichannel, neue Eiskreationen und Premiumprodukte.
  • Mit klarer Eigenständigkeit will TMICC durch Effizienzsteigerung und optimierte Prozesse rund 500 Mio. Euro einsparen.

Eis sorgt für bleibende Erinnerungen

Unilever sieht im Eis weit mehr als nur eine Süßigkeit. Der Konzern setzt auf die emotionale Kraft des Produkts. Nach eigenen Angaben belegen neurowissenschaftliche Methoden, dass Eis dabei hilft, Erlebnisse im Gedächtnis zu verankern. Wörtlich heißt es: Mithilfe modernster neurowissenschaftlicher Techniken verstehen wir, wie Eiscreme Erinnerungsstrukturen im Gehirn aufbaut.2 Damit ist Eis nicht nur ein Genussmittel, sondern auch ein zentraler Baustein für Erlebnisse, die bleiben.
Balkendiagramm mit blauen Balken für die verschiedenen Geschmacksrichtungen mit Angabe zwischen 0 % und 18 %
Balkendiagramm mit blauen Balken für die verschiedenen Geschmacksrichtungen mit Angabe zwischen 0 % und 18 %
Quelle: YouGov

Was über den Börsengang von The Magnum Ice Cream Company bisher bekannt ist

Die emotionale Kraft von Eiscreme ist auch wirtschaftlich von Bedeutung. Unilever hat seine Eissparte inzwischen vollständig abgespalten. Dem liegt die strategische Entscheidung zugrunde, sich künftig auf 30 sogenannte Power Brands zu konzentrieren, die rund 70 % des Konzernumsatzes erwirtschaften. Mit einem Umsatzanteil von 13,7 % im Jahr 2024 war das Eisgeschäft mit Abstand das kleinste Segment. Auch die Gewinnmargen sind konzernweit die niedrigsten. Zudem ist es deutlich saisonaler geprägt als andere Kategorien wie Fertiggerichte (z. B. Knorr), Körperpflegeprodukte (Dove) oder Waschmittel (Coral). Nicht zu unterschätzen ist auch die Kapitalintensität des Eiscremegeschäfts, allein schon wegen der durchgängigen Kühlung entlang der gesamten Lieferkette.

Unter dem Namen The Magnum Ice Cream Company wird das Unternehmen eigenständig agieren. Geplant ist der IPO für das vierte Quartal 2025. Der Hauptsitz liegt in den Niederlanden. Die Aktien sollen in Amsterdam, London und New York gelistet werden. Am 9. September findet ein Capital Markets Day statt, auf dem weitere Details zum geplanten IPO erwartet werden.3

Das größte unabhängige Eisunternehmen der Welt

Die Abspaltung und der Börsengang machen The Magnum Ice Cream Company zu etwas Besonderem. Es ist nicht nur der größte unabhängige Eishersteller der Welt4, sondern bietet Anlegerinnen und Anlegern als reine Eiscreme-Aktie die Möglichkeit, direkt in das Geschäft mit Speiseeis zu investieren. Andere Eishersteller und Eismarken gehören zu großen Lebensmittelkonzernen wie General Mills, dem Eigentümer der Häagen-Dazs-Lizenz in den USA. Ein bedeutender Konkurrent des Börsenneulings ist das 50:50-Joint-Venture Froneri5 mit Marken wie Mövenpick, Nuii, Pirulo und Milka. Es handelt sich um eine Partnerschaft zwischen der Private-Equity-Gesellschaft PAI Partners und dem Schweizer Konzern Nestlé, die mit ihrer Spezialisierung als Vorreiter eines fokussierten Speiseeisgeschäfts gelten kann.

Ob zu Hause oder unterwegs – Eis für alle, überall

Diese klare Ausrichtung auf Speiseeis greift nun auch The Magnum Ice Cream Company auf. Im Jahr 2024 erzielte das Unternehmen einen Umsatz von 7,9 Mrd. Euro und ein bereinigtes EBITDA von 1,3 Mrd. Euro. Der globale Marktanteil im Einzelhandel liegt bei rund 21 %.6 TMICC ist in allen drei wichtigen Vertriebskanälen stark vertreten: im klassischen Lebensmitteleinzelhandel (At-Home), im Sofortverzehr über Kioske, Tankstellen oder Gastronomie (Away-from-Home) und zunehmend auch im digitalen Handel (dCom). Im Away-from-Home-Bereich sorgen rund drei Millionen eigene Eistruhen für Sichtbarkeit direkt am Verkaufsort. Produziert wird in 30 Werken auf drei Kontinenten, verkauft in mehr als 60 Ländern. Zum Portfolio gehören mit Magnum, Cornetto, Ben & Jerry’s und Langnese vier der fünf umsatzstärksten Eismarken weltweit.

Marktchancen nutzen mit der Drei-Kugeln-Strategie

Eiscreme ist längst mehr als nur ein Dessert. Sie ist Teil des rund 470 Mrd. Euro schweren globalen Snacking-Marktes, der für die kleinen Sünden zwischendurch steht. Auf Speiseeis entfallen davon etwa 75 Mrd. Euro. In den vergangenen zehn Jahren zeigte dieses Segment stabile Zuwächse, die sich laut den Unilever-Prognosen mit einem jährlichen Wachstum von 3 bis 4 % fortsetzen sollen.7

Um dieses Potenzial gezielt zu nutzen, verfolgt TMICC eine klare Drei-Kugeln-Strategie. Jede Kugel steht für einen zentralen Wachstumsbereich:

  1. Der Ausbau der Vertriebswege: Das Unternehmen ist im Lebensmitteleinzelhandel, im Away-from-Home-Geschäft und auf digitalen Plattformen präsent und stärkt diese Kanäle weiter.
  2. Neue Eiskreationen: Kleinere Portionsgrößen, saisonale Varianten und eine größere Sortenvielfalt sollen das Eisangebot auch abseits des Hochsommers attraktiv machen.
  3. Premiumisierung des Sortiments: TMICC setzt auf hochwertige Zutaten, besondere Geschmackskombinationen und starke Marken, um Eis als bewussten Genuss zu positionieren.

So wird aus drei strategischen Kugeln ein Rezept, mit dem der alleinige Fokus auf das Eisgeschäft gezielt in nachhaltiges Wachstum übersetzt werden soll. Aber kann das auch funktionieren?

Zwischen Eiszeit und Effizienz liegt eine Eigenständigkeit mit Potenzial und Herausforderungen

Für TMICC bedeutet die Abspaltung des Eisgeschäfts von Unilever neue unternehmerische Freiheit und die Möglichkeit, eigene Stärken gezielter auszuspielen. Vor allem die vergleichsweise niedrigen Gewinnmargen – ein möglicher Grund für die Trennung von Unilever – machen Nachbesserungen erforderlich. Ein zentrales Ziel ist es deshalb, durch schlankere Prozesse, effiziente Beschaffung und eine optimierte Lieferkette mittelfristig rund 500 Mio. Euro an Produktivitätsgewinnen zu realisieren.⁸ Auch die Organisationsstruktur wird vereinfacht. Weniger Hierarchieebenen, klarere Verantwortlichkeiten und moderne IT-Strukturen sollen die Wettbewerbsfähigkeit stärken.

Das ist auch nötig, denn das Eiscremegeschäft ist nicht ohne Herausforderungen. Es ist stark saisonal geprägt, rund 55 % der Jahresumsätze entfallen auf die Monate Mai bis September. Steigende Rohstoffpreise und ein intensiver Wettbewerb setzen der Branche ebenfalls zu. Vor allem Handelsmarken und Billiganbieter im Lebensmitteleinzelhandel sorgen für anhaltenden Preisdruck. Gerade in wirtschaftlich angespannten Zeiten greifen viele Konsumentinnen und Konsumenten wegen der deutlichen Preisunterschiede verstärkt zu den günstigeren Eigenmarken oder Großpackungen. Hinzu kommen hohe Anforderungen an Kühlung und Logistik sowie wachsende Erwartungen in Sachen Nachhaltigkeit.

Darüber hinaus stellt auch das gestiegene Bewusstsein für eine gesunde Ernährung das klassische Eisgeschäft vor Anpassungsdruck, etwa durch die zunehmende Nachfrage nach zuckerreduzierten oder pflanzlichen Alternativen.

Eiscreme im Bauch, Eis-Aktie im Depot

Mit dem geplanten Börsengang des Eisriesen TMICC eröffnet sich Anlegerinnen und Anlegern eine seltene Gelegenheit. Sie haben die Chance, in ein global aufgestelltes Unternehmen zu investieren, das sich ganz dem Speiseeis verschrieben hat. Diese klare Fokussierung ist am Kapitalmarkt ungewöhnlich. Wer Eis nicht nur im Sommer genießen will, sondern auch an der Börse, hat mit TMICC – nach Abwägung der Risiken – die Chance, gezielt in ein süßes und cooles Geschäftsmodell zu investieren.