Netflix, Amazon oder Disney – Streaming- und Home-Entertainment-Firmen galten als Corona-Profiteure. Aber wie geht es weiter?
Veröffentlichung: Consorsbank 23.06.2021
Lesezeit: 4 Minuten
Popcorn ist das klassische Essen für Cineasten. Nun wird es vermehrt auf der heimischen Couch verzehrt.
Schon vor der Corona-Pandemie rätselten Beobachter, ob sich auf dem Streaming-Markt vielleicht eine Blase aufbaut. Es war bereits von einem „Wettrüsten“ der unterschiedlichen großen Plattformen die Rede. Die Eigenproduktionen werden immer aufwändiger und die Lizenzen immer teurer. Amazon ließ sich die eigenen Inhalte im vergangenen Jahr etwa elf Milliarden US-Dollar kosten.
Nach einem Jahr ungekannten Wachstums durch die Pandemie sprechen jedoch bereits einige Medien von einem großen „Offlining“ – also der Tatsache, dass mit der Perspektive sinkender Corona-Zahlen die Menschen nun ihre Quarantäne im Netz verlassen und an die frische Luft gehen. Die Mediennutzung könnte also sinken, gleichzeitig sind die Wachstumserwartungen enorm hoch. Netflix präsentierte im ersten Quartal 2021 das schlechteste Ergebnis seit acht Jahren, zu hoch waren selbst die eigenen Vorgaben an neuen Kunden. Von dem folgenden Kurssturz hat sich die Aktie bis heute nicht ganz erholt.
Einen weiteren Rückschlag hat Netflix exklusiv. Bisher behielt sich die Plattform in ihren AGBs vor, den Abopreis jederzeit zu erhöhen. Wie der Bundesgerichtshof Anfang Juni klarstellte, darf sich der Streaming-Dienst jedoch keine beliebigen Preiserhöhungen vorbehalten. Fraglich ist, ob die Entscheidung für den deutschen Markt tiefgreifende Auswirkungen auf die Gesamtperformance haben wird.
Streaming-Anbieter werden – ähnlich wie Gaming-Anbieter – immer mehr zu großen Playern der Unterhaltungsindustrie. Sie sind dabei den Kinos den Rang abzulaufen. Mit einer Filmpremiere auf Netflix erreicht man teilweise mehr Menschen als über den klassischen Weg. Das ist relevant für Produzenten und Distributoren bei der Frage, wo Filmpremieren stattfinden. Die Lizenzierungskosten von Filmen und Serien werden mittlerweile verstärkt durch Eigenproduktionen umgangen oder die Konkurrenz wird aufgekauft. So vermeldete Amazon neulich die Übernahme der MGM Studios. Kostenpunkt: mehr als acht Milliarden Dollar. Dafür gibt es Zugang zu mehr als 4.000 Filmen und zehntausenden TV-Episoden, von denen in Zukunft ein Gutteil exklusiv auf Amazon laufen dürfte. Das Unternehmen will sich also Unverzichtbarkeit kaufen.
Dass ein Unternehmen wie Netflix mal die Quartalsziele verfehlt, heißt nicht, dass es kein gutes Investment mehr sein kann. Ein Investment in Aktien sollte man nie auf ein Quartal bewerten, sondern einen deutlich längeren Zeithorizont ansetzen. Die Performance von Amazon Prime Video kann selbstverständlich nicht losgelöst vom Rest des Unternehmens betrachtet werden. Ähnliches gilt für Disney und sein Streaming-Portal Disney+. Disney profitiert beim Abklingen der Pandemie auch durch die Öffnung seiner anderen Angebote wie Vergnügungsparks und Hotels.
Für risikofreudigere Anleger gibt es noch die etwas kleinere Konkurrenz. ViacomCBS startete erst im Frühling sein neues Portal Paramount+, nur wenig älter ist das Angebot Discovery+ des Discovery-Channel. Die haben noch Wachstumspotential, müssen allerdings auch vermehrt Kapital investieren, um exklusiven Content zu produzieren.
Am Rande erwähnt sei noch das hierzulande hauptsächlich als Hardwarehersteller bekannte Roku TV, das aber auch eigene Inhalte anbietet. Es gibt schließlich nicht viele Unternehmen, die in den letzten fünf Jahren einen Wertzuwachs von mehr als 1.200 Prozent hinlegen konnten. Dass die Aktie ähnlich weitersteigt, ist reine Spekulation. Sicher ist: Die Weltbevölkerung wächst rasant und mit ihr die Zahl der Menschen mit Zugang zum Internet. Und Streaming ist längst Teil des globalen Medienkonsums geworden.
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